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Chronik des Turn- und Sportvereins Kößlarn

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Vorbemerkung

Der TSV Kößlarn blickt in diesen Tagen mit berechtigtem Stolz zurück auf 100 Jahre vereinsmäßig organisierten Sport. Die vorliegende Festschrift soll zum einen die Aktivitäten der frühen Mitglieder würdigen, hat aber auch die Aufgabe, die Vereinsgeschichte chronologisch darzustellen und die bedeutendsten Ereignisse der Nachwelt in Erinnerung zu behalten.

Für die Zeit von 1906 bis 1986 stützt sich die Chronik vor allem auf die anlässlich des 80-jährigen Gründungsjubiläums erstellte Festschrift, ergänzt um Angaben aus mittlerweile im Gemeindearchiv erfassten Vereinsprotokollen und Jahresberichten von 1906 bis 1935.

Genau betrachtet kann man die Geschichte des TSV Kößlarn in drei Abschnitte einteilen

  • die Zeit von der Gründung 1906 bis zum 2. Weltkrieg
  • die Zeit von 1946 bis zur vorübergehenden Einstellung des Spielbetriebs 1954
  • und die Zeit ab Wiederaufnahme des Spielbetriebs 1961.

Von der Gründung bis zum 2. Weltkrieg

Im Jahr 1906 trafen sich im Weißbräu Schödermeier in Kößlarn sportbegeisterte junge Männer mit dem Ziel, einen Sportverein ins Leben zu rufen. Es ist ganz klar, dass es sich dem damaligen Sportgeist entsprechend nur um einen Turnverein handeln konnte, stand doch damals die Turnbewegung, begründet von „Turnvater“ Jahn, in weiten Bevölkerungskreisen in voller Blüte. Andererseits war es verpönt, in kurzen Hosen und freien Knien dem Ball nachzujagen.

Was gab nun den Anstoß zu der Vereinsgründung? Einige Kößlarner Bürger kamen rein zufällig bei einem Sportfest in Ortenburg vorbei. Sie wurden dabei aufgefordert, sich an einem Wurfwettbewerb zu beteiligen und warfen zu ihrer eigenen Überraschung weit über das Wurffeld hinaus. Ihre hervorragende Leistung weckte in ihnen den Wunsch, selber aktive Sportler zu werden. So war die Idee zur Gründung eines Turnvereins geboren; zur Gründung des Turnvereins kam es schließlich auf Initiative des Turnvereins Simbach am 1.Oktober 1906. Nach dem Vereinsprotokoll 1906/1907 wurden zum Turnrat gewählt:

Ferdinand Zeilinger (Vorstand), August Eilhamer (Turnwart), Josef Hölzl (Säckelwart=Kassier), Franz Vötter (Schriftwart), Xaver Zitzlsberger (Zeugwart). Der Verein zählte sofort 26 Mitglieder; zu den Gründungsmitgliedern gehörten damals auch:

Hauptlehrer Kleiner, Simon Polster, Franz Schödermeier, Franz Will, Ludwig Will, Franz Wagner, Karl Reiter, Josef Käfler, Anton Messmer, Hermann Buchner und Josef Göttinger.

Seine Aufgaben und Ziele sah der Verein darin, „die körperliche Gewandtheit der Mitglieder, vor allem der Jugend, durch turnerische Übungen auszubilden und das gesellige Zusammenleben zu fördern“. Gleich von Beginn an herrschte große Aktivität im neuen Verein, so konnte bereits am 11. Oktober 1906 die neue Vereinsfahne geweiht werden.

Schon ein Jahr später, am 16. Juni 1907 fand dann im Friedlmeierkeller ein öffentliches Schauturnen der jungen Turnergarde unter der Leitung ihres Turnwarts, des Kößlarner Schneidermeisters, Franz Wagner, statt, welches durch die Turnvereine Simbach, Pfarrkirchen und Triftern „verschönert“ wurde.

Im August 1907 nahm man bereits am Gauturnfest in Rotthalmünster sowie beim volkstümlichen Wettturnen in Eggenfelden teil; ebenso im September beim volkstümlichen Wettturnen in Simbach sowie bei der Turnhalleneinweihung und dem 40-jährigen Stiftungsfest in Dingolfing. Bei allen Veranstaltungen konnten die Kößlarner Turner beachtliche Preise gewinnen. Im Jahr 1911 findet sich  in der „Orts-Chronik des Marktes Kößlarn“ anlässlich der Feierlichkeiten bei der Eröffnung des Bahnhofs folgender kurzer Hinweis: „Von den Turnzöglingen wurden Marschübungen und Pyramiden, von den Mädchen ein Stabreigen aufgeführt“.

Die größten sportlichen Erfolge wurden dann in den 20er und 30er Jahren erreicht. So ist unter anderem die Beteiligung am 13. Deutschen Turnfest vom 7. – 21. Juli 1923 in München zu verzeichnen. In der Zeit bis kurz vor dem 2. Weltkrieg nahmen die Kößlarner Turner an vielen Wettkämpfen im gesamten niederbayerischen und oberösterreichischen Raum teil und konnten auch sehr häufig die Sieger stellen. Die Veranstaltungsorte (Rotthalmünster, Passau, Vilshofen, Plattling, Frontenhausen, Vilsbiburg, Mattighofen, Salzburg) wurden ausnahmslos mit dem Fahrrad erreicht; wer würde heute noch so viel Idealismus für seinen Sport aufbringen.

Im Jahre 1927 beteiligten sich die Kößlarner Turner auch am Bezirksturnfest in Obernberg. Ihr Betreuer, Lehrer Hefele, ließ sich mit der Fähre übersetzen, die Turner selber gelangten schwimmend ans andere Innufer. Sie wurden dabei mehrere Kilometer abgetrieben und mussten dann nach Obernberg zurückmarschieren. Wie ehemalige Turner berichten, wurden vor allem die Turnfeste in Obernberg dafür genützt, um Zigarren, die beim Schwimmen um den Hals gebunden wurden, nach Bayern zu schmuggeln.

Die Wettkampfarten reichten vom heute noch üblichen Dreikampf über den Fünfkampf bis zum Zehnkampf, einschließlich Freiübungen, dem heutigen Geräteturnen sowie Steinstoßen. An Laufdisziplinen wurden neben den Kurzstrecken und Staffeln auch 1500 m, 3000 m und 5000 m gelaufen.

Die großen Erfolge der Turner fanden natürlich auch ihren Niederschlag in der Mitgliederzahl. So zählte der Verein in den einzelnen Jahren 170 – 200 Mitglieder, eine enorme Zahl für die damalige Größe des Marktes. Das ist umso erstaunlicher, als der Monatsbeitrag bei 20 Pfennigen lag, vor allem aber die jungen Turner oft nur 50 Pfennige in der Woche verdienten.

Wie der TSV heute, so konnte auch der damalige Turnverein ohne Gönner keinen geregelten Turnbetrieb abhalten. Erst nach einer Sammlung, bei der alle Kößlarner Geschäftsleute großzügig spendeten, konnten folgende Turngeräte angeschafft werden: Reck, Pferd, Stufenbarren, Bock und verschiedene Handgeräte.

Aber auch die Turner selbst wurden unterstützt. So wurden ihre guten Leistungen von älteren Marktbürgern mit Freibier honoriert, zerrissene Turnschuhe vom damaligen Schuster Käfler kostenlos geflickt.

Unter der Leitung geprüfter Turnwarte, wie Franz Wagner oder Willi Walddobler, wurde zweimal in der Woche trainiert. Von 1906 – 1928 fanden sowohl Training als auch Wettkämpfe im Friedlmeierkeller und dem dortigen Sommerkellerhaus statt.

Turnwart Willi Walddobler mit Nachwuchsturnern

Beim Handstand am Barren

Turnwart Franz Wagner mit jungen Nachwuchsturnern

Beim Abturnen in Rotthalmünster. Mit Kranz die Sieger Ludwig Wagner, Max Anzinger, Josef  Erbertseder und Franz Wagner

Kößlarner Turner beim Ausflug

Als dieses Haus 1928 niedergerissen wurde, wurden der Saal im Rottaler Hof und das Freigelände am Vogelberg, später dann der neue Schulhof, neue Trainingsstätten. 1930 hielt der Wanderturnlehrer Brunnacker einen Lehrgang „über neuzeitliches Turnen“, bei dem 12 Turner und 15 Zöglinge eifrig mitmachten. Die Kosten dafür wurden vom Bürgerverein und der Schulkasse übernommen.

Das 25-jährige Gründungsjubiläum wurde am 4. Oktober 1931 begangen. Nach einem Gottesdienst für die verstorbenen und gefallenen Mitglieder fand zum 1. Mal ein Abturnen in größerem Umfang statt,  bei dem insgesamt 75 Wettkämpfer teilnahmen.

Als wertvollster Beitrag für das Wohl der Kößlarner Bürger muss wohl der Bau des Freibades durch die Mitglieder des Turnvereins im Jahre 1934 angesehen werden. Eine Leistung, die nur durch hohen Gemeinschaftssinn und unentgeltliche Mithilfe vieler Bürger möglich war und die auch heute noch großen Respekt verdient. Man muss heute noch sagen: „Hut ab vor allen, die damals tatkräftig mitgeholfen haben“.                                             

Auch der Turnerball ist keine Erfindung des Nachkriegsvereins. Bereits zu Zeiten des Turnvereins zählte der Ball, erstmals veranstaltet 1911, damals noch in den Sälen des Gasthofs Zue, zu den großen gesellschaftlichen Ereignissen des Marktes. Ebenso wurden Bunte Abende veranstaltet und Theaterstücke aufgeführt.

Zur Zeit seiner größten Blüte, Mitte der dreißiger Jahre, nahte aber auch schon das vorläufige Ende des Vereins. Aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht wurde der Verein nach und nach all seiner aktiven Turner beraubt und in den Wirren des 2. Weltkrieges musste der Turnbetrieb ganz eingestellt werden.

Somit fand der erste Abschnitt des TSV Kößlarn ein trauriges Ende. Versuche, vor allem von Ludwig Pischl und Willi Walddobler, den Verein nach dem Krieg in seiner alten Form wieder aufleben zu lassen, scheiterten. Entsprechend dem veränderten Zeitgeist gelang es jedoch mit Hilfe von „König Fußball“ die sportliche Tradition im Markt Kößlarn, wenn auch mit anderen Inhalten, weiterzuführen.